Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de





Orts- und Flurnamenkunde vom südwestlichen Bleiberg.
Ein Beitrag zur Siedlungs- und Territorialgeschichte des südlichen Zülpichgaues.

Von Nikolaus Reinartz.


Inhalt *)

Geschichte
I. Ortsnamen und Siedlung
II. Wasser- und Landstraßen
III. Landeshoheit und territoriale Gestaltung
Quellennachweise
Anmerkungen

Geschichte

Der am nordwestlichen Rande der Eifel von Kall bis Kommern sich hinziehende Bleiberg ist sicher eines der ältesten und bedeutendsten Industriegebiete des ganzen rheinischen Landes. Seit römischer und vorrömischer Zeit, das Mittelalter hindurch bis zur Neuzeit sind die dort im Buntsandstein eingeschlossenen Bleierze gewonnen worden, ohne daß die Lager bis heute erschöpft wären. Wert und Menge der Ausbeute ist natürlich entsprechend den wirtschaftlichen Verhältnissen in den verschiedenen Jahrhunderten ein ungleicher gewesen; es hat jedoch Zeiten einer Hochblüte der Erzgewinnung gegeben, von denen man noch heute erzählt, daß man am Bleiberge schneller hätte ein Malter Korn verdienen, als der Müller es mahlen können. Solche Zeiten wirtschaftlicher Prosperität waren z. B. die Napoleonischen Kriege zu Anfang des vorigen Jahrhunderts und wieder die siebenziger und achtziger Jahre zu Ende desselben. Die Ausbeute von 1866–76 hatte einen Wert von über einer Million Taler jährlich, und die nie wieder erreichte Produktion des Jahres 1883 betrug allein bei der Meinertzhagenschen Gewerkschaft 747360 Zentner. 1) Damals wurde auch als weithin von den Eifelhöhen in die Ebene hineinragendes Symbol der 134 m hohe Kamin erbaut, lange Zeit der höchste Europas. Gingen ja auch die Eifeler Erze bis nach Süddeutschland, Belgien und Frankreich. Aber dieser weitverbreitete Ruf der Bleierze der Vordereifel entstammt nicht erst dem vorletzten Jahrhundert; im 16. und 17. Jahrhundert sehen wir Kaufleute von Kall und Roggendorf die Frankfurter Messe besuchen; im 18. Jahrhundert ist „Der Bleiberg" nicht nur eine vielgebrauchte geographische Bezeichnung, sondern auch ein Wort voll stolzen Heimatgefühls: „Plumbomontanus" nennt sich um 1760 der ehemalige Düsseldorfer Kurfürstliche Militärpfarrer Joh. Wilh. Pfleumer aus der alten Bleibuirer Schultheißen Familie.

Gleichwohl fehlt uns noch die Geschichte des Bleierzbaues der Vordereifel 1a), mehr noch, es fehlt uns auch die Voraussetzung, zunächst eine genaue Klarstellung der territorialen Besitzverhältnisse im Südwesten des Bleiberges, wo wir die Wiege der Erzgewinnung des gesamten Bezirkes seit Urzeiten finden werden. Die ganze Literatur, die auf Fabricius, Geschichtlicher Atlas der Rheinprovinz, und der ältern Arbeit des Grafen Mirbach, Zur territorialen Entwicklung des Herzogtums Jülich, beruht, leidet an mannigfachen Irrtümern und Verwechslungen; auch das neueste Werk, Die Kunstdenkmäler des Kreises Schleiden, das Wackenroder mangels erforderlicher Vorarbeiten und Detailforschung unter schwierigen Verhältnissen herausgegeben hat, ist nicht davon frei geblieben. Zum Teil erklärt sich dieser Umstand durch die übergroße territoriale Zersplitterung. Anschaulich, wenn auch unvollständig, werden die Besitzverhältnisse im Süden des Bleiberges um 1650 geschildert: 2) „Der Grund am Fuße des Berges ist Blankenheimisch, sie haben 9 oder 10 Schächte mit 5 Gerechtigkeiten 3) – die Jülischen nehmen aber den Zehnten von dem Erz 4) –; der Grund am Fuße des Berges nach Mitternacht ist Arburg; der oberste Prinzipalberg, ungefähr 30 Schächte mit 15 Gerechtigkeiten, ist Erzstift Köln." Der Kallmuther- oder Keulserberg (so Tranchot-K.), der Kommerner- oder Arburgerberg, auch der Mechernicherberg – Kondominium von Blankenheim und Haus Rath –, desgleichen der zum Herzogtum Jülich gehörende Keldenicherberg müssen bei dieser Arbeit gesteckten Grenzen ausscheiden, können es auch unbeschadet, da es sich dabei um klarer erkannte Herrschaftsverhältnisse handelt. Dagegen kommen in unserem Raume noch die Herrschaften Dreiborn und Sinzenich in Betracht. Wie groß in demselben aber die Zersplitterung war, zeigt folgende Übersicht: Kall-Heistert gehörte teils Dreiborn, teils Jülich; Lückerath und Kalenberg teils Jülich, teils Blankenheim; Wallenthal allen dreien Herren und Scheven endlich außerdem noch Sinzenich. Es kam vor, daß um die Landeshoheit an einer Scheune oder einem Backhaus ein Jahrhundert lang gestritten wurde. 5) Dabei sind die Lehensherrlichkeiten, wie sie das Haus Mauel und das Stift Münstereifel in Scheven, die Abtei Steinfeld in Heistert und Lückerath, die Grafschaft Kronenburg und Haus Rath in Bleibuir, die Herren zu Kallmuth und die zu Weyer (durch den freien Hof Altzen) in und bei Kalenberg besaßen, nicht zu vergessen, um ein richtiges Bild zu gewinnen, wie alle die Herrschaften nach dem Bleiberg hindrängten.

Noch weniger erforscht sind die Siedelungsgeschichte und die territoriale Entwicklung, die gerade hier wertvolle Aufschlüsse bieten. Was Wackenroder S. 3 f. bringt, ist sehr ergänzungsbedürftig. Er kennt weder die alte keltische noch die spätere wallonische Einwanderung. Insbesondere irrt er, wenn er den ganzen Kreis Schleiden zum Eifelgau rechnet. Aubin hat in seinem grundlegenden Werke, Die Entstehung der Landeshoheit, S. 18 ff. überzeugend dargetan, daß die Grenze des Zülpichgaues der Zülpicher Bannmeile konform geht und im Süden durch den Fangstock zu Roitzheim, die Schmiede zu Eiserfey, die Brücken zu Kall und Heimbach bestimmt wird. Hergarten und Floisdorf im Kreise Schleiden werden ausdrücklich 6) „in pago Tulpiacensi" genannt, wie auch viele Pfarreien des Kreises zum Zülpicher Dekanate gehörten. Dann begnügt sich aber auch Aubin, nachdem er irrigerweise S. 50 das Amt Heimbach als alte Land- und Hochgerichtsbarkeit abgelehnt hat, auf S. 77 mit der ganz allgemeinen Angabe: „Der Rest des Zülpichgaues sind über kleine Bezirke, deren Zersplitterung ... schon anzeigt, daß ihre Unterlage Grundherrschaft gewesen sein muß", und fügt in der Anmerkung nur noch bei: „daran hat auch die große Herrschaft Dreiborn teil. ... Besonders in der Gegend von Kall und Bleibuir gab es eine arge Vermischung der Herrschaftsrechte."

In diese Licht hineinzubringen, ist nur möglich unter Heranziehung des ganzen ungedruckten Materials der alten Grenzbegänge, Lager- und Erbungsbücher sowie Ermittelung der zugehörigen Flurbezeichnungen, deren Erforschung auch zur Aufklärung der Siedelungsgeschichte unerläßlich ist. Und es mag nicht ohne Interesse sein zu bemerken, daß gerade das eindringende Studium der Flurnamen anläßlich der eben abgeschlossenen Umlegung der Feldflur und Neuordnung des Katasters der beiden Bürgermeistereien Bleibuir und Wallenthal, die den südlichsten Teil des alten Zülpichgaues bilden, der Ausgangspunkt für diese Arbeit geworden ist.





I. Ortsnamen und Siedelung









Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, Heft 129, 1936, S. 51–78.
*) Gliederung Nikola-Reinartz.de


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