Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
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Nikola Reinartz, Josef und Willi Kurthen, Die Glasmalereien aus dem Steinfelder Kreuzgang
Herausgegeben von Wilhelm Neuss (Kunstgabe des Vereins für christliche Kunst im Erzbistum Köln und Bistum Aachen für das Jahr 1955). M.-Gladbach (B. Kühlen) 1955. 276 Seiten, 35 Textabbildungen, 42 Abbildungen auf Tafeln.

Innerhalb von zwei Jahren ist mit diesem Buch ein weiterer großer rheinischer Glasmalereizyklus des 16. Jahrhunderts veröffentlicht worden. Genau so wie die weitverstreuten Altenberger Scheiben (Karl Eckert, S. Bernard von Clairvaux. Glasmalereien aus dem Kreuzgang von Altenberg bei Köln, Wuppertal 1953.) befinden sich auch die Steinfelder Fenster heute nicht mehr an Ort und Stelle, sogar nicht mehr in Deutschland. Die erhaltenen Teile sind jetzt ausnahmslos in England.

1908 hat der heimatliebende Pfarrer Nikola Reinartz von Kreuzweingarten († 1954) die Steinfelder Fenster in England wiederentdeckt. Er schildert im einleitenden Kapitel mit bewegten Worten, wie er die Scheiben wiederfand. Von ihm stammt auch die anschließende Beschreibung und Besprechung der Stifterbilder der Fenster. Es zeigt sich hier, daß er sich in der Eifeler Familiengeschichte gut auskannte.

Den größeren und kunsthistorischen Teil des Buches verfaßte Josef Kurthen, unter Mithilfe seines Neffen Willi Kurthen. Das Hauptgewicht bildete der über 130 Seiten umfassende, sehr ausführliche Fensterkatalog.

Der ursprüngliche Zyklus umfaßte in 26 Kreuzgangfenstern 272 Bilder, die aus 342 Scheiben bestanden. Davon sind heute 59 Scheiben aus 42 Bildern erhalten. Das ist zwar nur ein gutes Sechstel, doch genug, um sich den einstigen Reichtum des Ganzen gut vorstellen zu können.

Die Steinfelder Fenster gelangten nach 1802 wohl über Köln nach England, nicht ohne vorher in der damals üblichen Weise restauriert worden zu sein. 1928 kam der größte Teil des heute Erhaltenen (zwei Scheiben sind jetzt in Bristol) durch Versteigerung aus Privatbesitz in das Victoria and Albert Museum in London. Aber auch schon vor ihrer endgültigen Entfernung aus dem Kreuzgang im Jahre 1785 mußten die Glasmalereien viel über sich ergehen lassen. Zwischen 1583 und 1715 wurden sie insgesamt fünfmal wegen Kriegsgefahr herausgenommen und wieder eingesetzt, was natürlich nicht ohne Schäden und dementsprechende Reparaturen abging.

Die Fenster entstanden in einem Zeitraum von rund 35 Jahren, von etwa 1522 bis 1557. Ein großer Teil ist inschriftlich datiert. Urkundlich und auch in den Fenstern ist Gerhard Remsich als Meister verzeichnet, was sich natürlich nur auf einen Teil des großen Zyklus beziehen kann. Die lange Reihe der Stifterbilder macht eindrucksvoll deutlich, wie der einzelne Stifter sich dem großen Unternehmen, der umfassenden Idee des Ganzen untergeordnet hat. Daraus spricht eigentlich noch die gleiche Gesinnung, mit der man im Mittelalter Kathedralen baute: Das Werk zog sich über mehrere Generationen hin und die meisten, die mitbauten, wußten, daß sie die Vollendung nicht erleben würden.

Das wirklich achtungsgebietende Gesamtprogramm der Steinfelder Glasmalereien, das in dem ausführlichen Fensterkatalog in allen Einzelheiten ausgebreitet wird, ist aus drei Quellen klar zu rekonstruieren: aus den erhaltenen Resten und aus zwei handschriftlichen, mitunter erstaunlich genauen Fensterverzeichnissen, dem ersten von dem Kanonikus Johannes Latz aus dem Jahre 1632 – sogar mit erläuternden Zeichnungen – und dem zweiten von dem Kanonikus Heinrich Hochkirchen aus dem Jahre 1719. 'Gegenstand der Darstellung war' – so sagt Nikola Reinartz in seiner Einleitung –, 'in 73 Hauptbildern, vielfach durch Nebenbilder ergänzt, die gesamte Heilsgeschichte, beginnend mit Engelsturz und Sündenfall, durchgeführt in Geburt und Kindheit, Leben und Sterben, Auferstehung und Himmelfahrt unseres Herrn bis zu seiner Wiederkunft zum Weltgericht, endigend mit einem Blick in das Reich Gottes im Himmel und das Reich Luzifers in der Hölle. Dazu kam die fast doppelte Anzahl von Darstellungen in den Fensterbögen und den Maßwerklichten, die in abwechslungsreicher Fülle Vorbilder, Symbole, Propheten und Evangelisten mit Schrifttexten zur Erläuterung boten.' Zudem gab es Sockelbilder mit den Stiftern und ihren Patronen.

Das Programm ist ohne die entscheidende Mitwirkung der Biblia Pauperum und des Speculum Humanae Salvationis, diese so bezeichnenden Erzeugnisse spätmittelalterlicher Denk- und Vorstellungsweise, nicht zu verstehen. Inwieweit der Zyklus, sei es im Inhalt, sei es in der Form, auf ihnen fußt, legt der Fensterkatalog eingehend dar. Auch andere Verbindungen, vor allem zur gleichzeitigen Druckgraphik, etwa zu Dürer, werden geklärt. Besonders durch diese geduldige Kleinarbeit ist das Buch 'geradezu eine Fundgrube für Ikonographie' (H. Wentzel) in seiner Besprechung in der Kunstchronik 1956, S. 172/3). – Der Erhaltungszustand der Scheiben wird jeweils gewissenhaft verzeichnet (er fehlt bei den Scheiben Abb. 27 und 31).

Die künstlerische Einordnung und Wertung der Fenster ist keine leichte Aufgabe. Der Verfasser versucht sie von den verschiedensten Seiten zu lösen, vor allem aber indem er die Darstellung des Raumes beobachtet. Es mag stimmen, daß gegenüber den belgischen und nordfranzösischen Fenstern – zu denen Beziehungen bestehen – die Steinfelder Fenster durch eine gewisse 'Raumunsicherheit', einen 'Schwebezustand im Raumempfinden' gekennzeichnet sind. Das soll für ihre Entstehung im Rheinland sprechen. Doch sind leider die übrigen nicht weniger wichtigen Argumente oder Beweise nicht immer klar genug durchgeführt. Gemeint sind etwa die Vergleiche zu Meistern oder Meistergruppen des kölnischen und niederrheinischen Bereichs.

Außer dem Fensterkatalog (mit anschließendem 'Rückblick'), der die Fragen nach Inhalt und Form, nach Anregungen und Vorbildern, nach Stil und Entstehungsbereich abhandelt, werden noch einige für das Verständnis wichtige Teiluntersuchungen und erläuternde Abschnitte vorgelegt.

Die Baugeschichte des Kreuzganges wird genau berichtet. Der Ablauf der Verglasung wird geschildert. Die sich dabei ergebende Linksläufigkeit, d. h. die ungewohnte Folge der Bilder von rechts nach links, hat z. T. bis in die einzelnen Szenen hinein schwerwiegende Folgen. Dem heute veränderten Brunnenhaus im Kreuzgang wird ein eigenes Kapital gewidmet. Seine Fenster, die nur aus den Beschreibungen bekannt sind, formten einen in sich geschlossenen Bilderkreis, der den Brunnen, den 'Quell des Lebens', zum Mittel- und Ausgangspunkt hatte. Es folgen die Schicksale der Fenster. Der Abschnitt über 'Technik und Glasstil' ist leider viel zu knapp.

Das Buch wird bereichert durch den Abdruck des Originaltextes des Fensterkataloges von 1719 und durch eine ganze Reihe sehr nützlicher Übersichten und Register. Der straffe Aufbau erleichtert wesentlich seine Benutzung. Sämtliche erhaltenen Scheiben sind in hervorragenden Abbildungen wiedergegeben. Bei den Vergleichsabbildungen fehlen leider Probeseiten aus einer Biblia Pauperum und aus einem Speculum.

Einige weitere Schwächen dürfen hier nicht verschwiegen werden. Das System der Abkürzungen ist ohne Zweifel zu weit getrieben worden. Vieles hätte man ohne Not ausschreiben können. Der ohnedies oft recht versponnene Text wäre lesbarer und verständlicher geworden. Das gleiche gilt von den reichlich verwendeten Fachausdrücken. Leider sind auch die Literaturangaben wiederholt ungenau und lückenhaft (z. B. zu: Brunnenhaus, Christus in der Kelter, Selbstmord des Judas u.a.)

Hier und da sind ikonographische und stilistische Deutungen und Vergleiche, wie oben schon bemerkt, nicht überzeugend. Einige Beispiele: Ist die Beziehung zwischen dem Fenster des Engelsturzes und dem Holzschnitt gleichen Themas des Jacob Cornelisz von Amsterdam nicht zu eng gesehen? Besonders von der gespannten Kraft, die den Holzschnitt auszeichnet, findet man doch im Fenster nichts wieder. Dazu ist die Motivverwandtschaft sehr gering. – In der Anbetung der Könige dürfte das Kind wohl kaum 'neben Maria auf dem Steinthron sitzen'. Nur die Ungeschicklichkeit in der Tiefendarstellung bewirkt, daß das Kind nicht richtig auf dem Schoß der Mutter zu sitzen scheint. Dabei wird in diesem Bilde mit Recht das 'Am Rahmen-Kleben des Madonnenthrons' betont. – Es trifft nicht zu, daß die Abschiedsrede Christi am Bach Cedron schon in der Aachener Goldenen Tafel und 'in sehr naher ikonographischer Gestaltungsform' in den Wandmalereien der Unterkirche von Schwarzrheindorf vorkommt. Bei der Goldenen Tafel liegt wohl eine Verwechslung mit der Szene von Gethsemane vor, wo Christus die Jünger schlafend findet. In Schwarzrheindorf wurde die weitgehend zerstörte Teilszene der Tempelreinigung für den Abschied gehalten, der hier allein schon aus Gründen der Abfolge undenkbar ist.

Doch sollte man vielleicht über derartige Mängel hinwegsehen. Denn die Verfasser haben viel Mühe und Hingabe auf dieses Buch verwendet, das uns die verloren geglaubten Steinfelder Glasmalereien wiederschenkt.

Bonn

F. Goldkuhle.





Quelle: Bonner Jahrbücher des Rheinischen Landesmuseums in Bonn (Im Landschaftsverband Rheinland) und des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinlande, Heft 155/156, Bonn 1955/56, Verlag Butzon & Bercker, Kevelaer Rhld., S. 676 –678
Stadtarchiv Düren B 2, 155/56, 1955/56


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