Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de





Abt Johann Luckenrath und Pfarrer Nikola Reinartz
Zwei bedeutende Söhne aus Kall-Heistert - Von Hans Peter Schiffer

Zu den hervorragenden Persönlichkeiten aus der Pfarrgemeinde Kall gehört der aus der früheren Gemeinde Heistert stammende Johann Luckenrath. Er wurde am 26. Mai 1661 unter dem Vorsitz der aus dem Steinfelder Konvent hervorgegangenen Äbte aus Rommersdorf und Sayn (bei Neuwied) zum 36. Abt des Klosters Steinfeld gewählt. Er zeichnete sich aus durch Gelehrsamkeit, Frömmigkeit und reiche Erfahrung in allen Angelegenheiten des Prämonstratenserordens. Johann Luckenrath hatte nach Vollendung seiner philosophischen Studien in Köln die akademische Würde (Lizentiat) der freien Künste erworben. 1645 wurde er Vorsitzender (Präses) des Steinfelder Seminars, 1646 erlangte er den Magister der freien Künste, 1654 das Lizentiat der Theologie und wurde 1660 Leiter (Prior) des Steinfelder Tochterklosters Meer in Belgien. Als Abt Johann VII. nahm er im Jahre 1662 an der Kölner Diözesansynode teil, die unter dem Erzbischof Maximilian Heinrich im Dom gefeiert wurde. Abt Johann VII. gab in Köln schriftlich zu Protokoll, daß er nicht in seiner ` Eigenschaft als Steinfelder Abt, sondern nur als Archidiakon (Ehrentitel für katholische Geistliche) von Schleiden und Reifferscheid erschienen sei. Der Abt wollte auf diese Weise ausdrücklich die Exemption seines Ordens anerkannt wissen. Exemption ist die kirchliche Befreiung eines Untergebenen von der Jurisdiktionsgewalt des nächsten kirchlichen Vorgesetzten und unmittelbare Unterordnung unter einem höheren Vorgesetzten. Später wurde dem Steinfelder Abt die kirchliche Jurisdiktion (Rechtsprechung) in Schleiden und Reifferscheid bestätigt. Gleichzeitig besaß er als Abt des Klosters Steinfeld das Recht (Parochialrecht), in Schleiden und Reifferscheid den Pfarrer einzusetzen.


Während Abt Johann VII. in der ersten Hälfte seiner Regierungszeit (1661 bis 1680) in der Lage war, das gesamte Klosterwesen in dem guten Zustand, in welchem er es von Abt Norbert Horrichem übernommen hatte, zu erhalten und weiterzuführen, konnte er während des zweiten Eroberungskrieges Ludwig XIV. den ruhigen, gesicherten Fortgang der klösterlichen Entwicklung nicht länger aufrechterhalten, da er in den Jahren 1673 und 1674 an die kaiserlichen Truppen und deren Hilfsmannschaften große Abgaben und Kriegssteuer zahlen mußte. Im Jahre 1675 waren während des ganzen Winters zwei Lüneburger Kohorten (altrömische Heeresformation ca. 600 Mann stark) und 1678 sogar ein ganzes französisches Kavallerieregiment (1200 Mann) unter dem General von Calvo in Steinfeld vier Monate im Quartier.

Abt Johann VII. hatte die gesamte Leitung und Verwaltung des Seminars und insbesondere die Vollmacht, den Präses und Prokurator (bevollmächtigter Vertreter des Abtes) nach seinem Gutdünken ein- und abzusetzen, die studierende Religiosen aufzunehmen oder auch abzuweisen, die Lebensweise und die Regeln im Kloster vorzuschreiben, die von allen zu beachten waren. Über die täglichen Einnahmen und Ausgaben mußte ihm Rechenschaft vorgelegt werden.

Im Jahre 1663 und 1670 wurde er zum Generalvikar ernannt und hielt als solcher zwei Provinzialkapitel ab. Für die westfälischen Prälaten und Kanoniker fand die Versammlung in Cappenberg, für die Mitglieder aus dem Rheinland in Koblenz statt.

1664 bewahrte er den Orden vor einem Untergang in Paris bei König Ludwig XIV. und wandte 1669 als Schiedsrichter in einem Streitfalle innerhalb des Ordens großen Schaden vom Prämonstratenserorden ab. Viermal war er in Prémontré (hier wurde 1121 der Prämonstratenserorden gestiftet) auf dem Generalkapitel. 1673 schützte er die Nonnen aus dem Kloster Gartzen bei Euskirchen, deren Kloster ausgeplündert und in Brand gesteckt worden war, vor den kaiserlichen Truppen, die sie verfolgten. Johann VII. nahm die Nonnen im Kloster Zülpich auf und sorgte für den Aufbau des Klosters in Gartzen.

Am 14. September 1680 verschied Abt Johann VII. Luckenrath nach 14-tägiger Krankheit im Steinfelder Haus in Köln. Sein Leichnam wurde nach Steinfeld gebracht und seinem Wunsch gemäß in der Abteikirche vor dem Kreuzaltar beigesetzt.

"Stiller Herrgottswinkel"

Wer in der Historischen Kreisbibliothek bei der Kreisverwaltung Euskirchen Bücher zu Studium der Heimatgeschichte ausleiht, trifft sehr häufig auf den Namen des ehemaligen Besitzers dieser Bücher. Es ist Pfarrer Nikola Reinartz, der seine Bibliothek heimatkundlicher Werke dem Kreis Euskirchen schenkte.

Nikola Reinartz, 1874 in Kall-Heistert geboren, studierte nach Gymnasialjahren in Münstereifel in Innsbruck, Freiburg und Bonn Theologie und wurde 1899 in Köln zum Priester geweiht. Seine Gesundheit war nicht die beste, so daß er sich im Süden aufhalten mußte und am Gardasee als Kurgeistlicher tätig war. Nachdem er in Eiserfey und an der Volksheilstätte in Mönchengladbach als Seelsorger gewirkt hatte, wurde er 1919 Pfarrer in Kreuzweingarten bei Euskirchen, wo er 30 Jahre im Amt blieb. Pfarrer Reinartz machte sich als Heimatforscher um die Eifel verdient. Zu seinen bekanntesten Schriften gehören: "Die Jülicher Bergbeamten im Wildbann Kall", "Neues zu Romantik und Geschichte des Feytales", "Alte Kirche zu Hellenthal, eine Steinfelder Klostergründung um 1097", "Das Leichenbegängnis des Grafen Dietrich IV. von Manderscheid-Schleiden 1551", „Stolzenburg und Dalbenden", "Beziehungen des Jülichschen Herzoghauses zum Kloster Mariawald", "Steinfeld, das "Bergmannskloster" der Eifel und die walonische Einwanderung", "Servatius Hyrt, Pastor in Schleiden 1533 - 1569“ und "Die alten Glasgemälde aus dem Kreuzgang der Abtei Steinfeld"

Neben volkskundlichen und kulturgeschichtlichen Untersuchungen gelang es Pfarrer Reinartz im Jahre 1908, in der englischen Schloßkapelle zu Ashridge Park einen Teil der alten Glasgemälde aus dem Kreuzgang der Abtei Steinfeld zu finden, die 1802 wie so manche Kunstgüter aus Kirchen und Klöstern der Eifel versteigert und verschleudert worden waren.

Sein eigenstes Forschungsgebiet in Verbindung mit den Glasmalereien im Steinfelder Kreuzgang sind die Feststellungen der zahlreichen Stifter der Fenster. So fand er Stifter aus Ahrweiler, Reichenstein, Olef, Schleiden, Monschau, Zülpich, Füssenich, Münstereifel und Steinfeld (Äbte). Als Familienforscher konnte Nikola Reinartz am Namen seiner Mutter, die Pünder hieß, nachweisen, daß viele Eifeler Familiennamen aus der Bezeichnung einer ausgeübten Beschäftigung oder aus einem durchgeführten Amt entstanden sind. Aus dem „Weißthum des Bergrechts bei dem Bleyberg zu Call" aus dem Jahre 1494, aus Kirchenbüchern und Urkunden, von Grabsteinen, Hausbalken und Herdplatten hat Nikola Reinartz viele Zusammenhänge für die Geschichte der Familie Pünder im ehemaligen Kreis Schleiden erforschen können. Im 80. Lebensjahr ist Pfarrer Nikola Reinartz im Jahre 1954 in Kreuzweingarten gestorben. An der früheren Epistelseite der Chorwand der dortigen Kirche befindet sich das Grab des Eifeler Heimatforschers, eine Stelle, die er sich selbst als „stiller Herrgottswinkel" ausgesucht hatte. Die Gemeinde Kall hat zur Erinnerung an Nikola Reinartz eine Straße mit seinem Namen benannt.





Aus: 100 Jahre Eifelverein Ortsgruppe Kall 1895 bis 1995, Festschrift der Ortsgruppe Kall des Eifelvereins aus Anlaß des 100-jährigen Jubiläums in Verbindung mit dem Eifeltag des Eifelvereins und dem Bezirkswandertag der Bezirksgruppe Euskirchen, 89 S.
Kreisarchiv Blankenheim Dgk 1 Kal 5879


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