Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de





Bibliographie des Kreises Euskirchen
Volksblatt-Verlag, Euskirchen, 1938. 120 Seiten. Preis broschiert 2 RM., in Kaliko gebunden 3 RM

Der Kreis Euskirchen ist entstanden aus den zur französischen Zeit links der Erft abgegrenzten Kantonen Zülpich und Lechenich, wozu noch 1932 bei der Aufteilung des dem ehemaligen Kanton Rheinbach rechts der Erft entsprechenden Kreises nebst andern kleineren Teilen Münstereifel-Stadt und –Land gekommen ist. Die in der antiken Literatur überlieferten Namen Arnefa, Belgica vicus, Vorort des späteren Euskirchen, Tolbiacum sind Zeugen von historischer Bedeutung. Zülpich insbesondere, wiederholt bei Tacitus und Gregor von Tours genannt, Hauptort des Königreiches Ripuarien, als Francorum fortuna et regni incunabula gerühmt.

Dann Mittelpunkt des Zülpichgaues, als Schlüssel der Vormachtstellung lange umkämpft von Jülich und Köln, weiterhin mit Lechenich Stützpunkt des Erzstiftes gegenüber Euskirchen und Münstereifel, den beiden Mithauptstädten des Herzogtums Jülich, bis endlich die neuzeitliche Entwicklung und die bevorzugte Lage Euskirchen, seine Rivalen und Konkurrenten überflügelnd, zur Kreishauptstadt machten. Dieser an Funden römischer und fränkischer Zeit überreiche Boden mit seinen zahlreichen im Erfttale verstreuten Burgen und den mittelalterlichen Städtebildern mit den ragenden Türmen und Toren, ehrwürdigen Kirchen, stattlichen Rathäusern und Bürgerwohnungen, die immer wieder das historische Interesse wachrufen, hat von jeher der geschichtlichen Forschung starken Antrieb gegeben.

In demselben Wurzeln, was kaum bekannt sein dürfte, unsere beiden bedeutendsten Historiographen bzw. Urkundenforscher des XVIII. Jahrhunderts. Vater und Großvater des in der damaligen Gelehrtenwelt des In- und Auslands berühmten Jesuiten Josef Hermann Hartzheim, des Verfassers der Concilia Germaniae, stammten aus Münstereifel, wo der Großvater, der Bürgermeister und Ratsherr Hilger Hartzheim, eigentlich nach seinem aus Kommern stammenden Vater Severin Axer genannt, den Namen seines Onkels Anton Hartzheim angenommen und Kindern und Enkeln in Köln vererbt hat. Mit dieser heimatlichen Verbundenheit mag dann auch die Erwähnung der vielen Münstereifeler Schriftsteller in der Bibliotheca Coloniensis zusammenhängen. Und dann der gleicherweise verdiente unermüdliche rheinische Urkundensammler Vikar Bartholomaeus Josef Alfter stammte mütterlicherseits aus Zülpich. Seine Mutter war nämlich die Tochter des Zülpicher Bürgers Laurentius Call, über desen Familienbeziehungen Alfter selber in seinem genealogischen Lexikon eine Fülle von Nachrichten bringt, denen zufolge die Vorfahren von dem jülichschen Bergmeisterhause Emmerich in Kall stammten.

In der ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts schrieb dann der Privatlehrer J. Gottfried Broix die Erinnerungen an das alte, berühmte Tolbiacum, etwas später gab der Gymnasialdirektor Jakob Katzfey seine Geschichte der Stadt Münstereifel und der nachbarlichen Orte heraus, die zwar der Kritik bedarf, aber eine Menge geschichtlichen Materials bietet, das sonst wohl verlorengegangen wäre; um die Jahrhundertwende erschien die mustergültige Geschichte der Stadt Euskirchen von Karl Gissinger. –

Besonders ist die alte Benediktinergründung und spätere Jesuitenresidenz, das mauerumgürtete Münstereifel mit seiner Deo, urbi, patriae geweihten Alma mater, eine Heimstätte der Geschichtsforschung gewesen. Als würdige Nachfolger Katzfeys wirkten hier nacheinander die Direktoren Josef Pohl, Martin Scheins und Geheimrat Meyer. Dr. Pohl ist der literarischen Welt besonders bekanntgeworden durch seine Herausgabe der gesammelten Werke von Thomas a Kempis, die er als Achtzigjähriger vollendet hat; mit gleicher Liebe hat er in seinen Mannesjahren in zahlreichen Aufsätzen die Heimatgeschichte gefördert, wie auch seine in meinem Besitz befindlichen umfangreichen geschichtlichen Aufzeichnungen bekunden. Dr. Scheins, der spätere Schriftleiter der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins, gab in seiner Münstereifeler Zeit einen ausgezeichnet bearbeiteten Urkundenband aus den reichen Beständen des Stadtarchivs heraus. Geheimrat Meyer ist der ungenannte Herausgeber der volkstümlichen Geschichte der Stadt Münstereifel, des Lebenswerkes von Gymnasiallehrer Karl Hürten, geworden, nachdem er die letzte Feile an dasselbe gelegt hatte.

Auf Grund einer solchen Tradition ist denn auch das historische Interesse im Kreise bis auf den heutigen Tag ein sehr reges geblieben, wie auch die Jahresversammlung des Historischen Vereins in Euskirchen 1926 und letztes Jahr in Münstereifel bekundet haben. Eine Reihe namhafter Heimatforscher ist ständig bemüht, die Schätze der Vergangenheit zu heben. Vielfach sammeln sich dieselben um den Volksblatt-Verlag (ehemals Euskirchener Volksblatt), der von Anton Herbelsheimer, aus altem mittelfränkischem Geschlecht, zielbewußt im Sinne der Förderung der Heimatkunde geleitet wird. In demselben erscheint denn auch in neuer Folge seit Oktober 1938 wieder die geschichtliche Beilage „Unsere Heimat“, von der bereits bis 1932 zehn Jahrgänge vorliegen. Ihm ist auch das oben angezeigte Werk zu verdanken. Ursprünglich nur als eine anspruchslose Sammlung heimatkundlicher Literatur gedacht, hat es sich durch die lebhafte Anteilnahme bewährter Heimatgeschichtler des Kreises zu einer allgemeinen geschichtlichen Bibliographie des Kreises Euskirchen ausgewachsen. Diese Entstehung des Werkes erklärt sowohl seine Fülle wie seine Anordnung.

In fast 5000 Nummern bringt es von rund 120 Städten, Dörfern, Burgen und Klöstern des Kreises alle erreichbaren literarischen Fundstellen, Abhandlungen, Einzeldarstellungen sowohl aus den großen Standardwerken der rheinischen Geschichte und deren fortlaufenden Veröffentlichungen wie aus den geschichtlichen Beilagen und Beiträgen der Tageszeitungen, sammelt das in Gymnasialprogrammen, Dissertationen, Festschriften usw. seit 100 Jahren angehäufte geschichtliche Material, dabei alle Kulturbelange und Lebensäußerungen der einzelnen Zeitepochen berücksichtigend. Die Anordnung ist lokal eingestellt: I. Gesamtkreis Euskirchen, S. 5-19; II. Einzelschriften zur Ortsgeschichte, S. 20-59, III. Geschichte der Städte im Kreise: Euskirchen, Lechenich, Münstereifel, Zülpich, S. 60-89, wozu noch als IV. Gruppe Künstlerische Gestaltung des geschichtlichen Stoffes in Sagen, Legenden und geschichtlichen Erzählungen, S. 90-92, kommt. Es ist interessant, an Hand des eben erschienenen Adreßbuches des Kreises Euskirchen festzustellen, wie wenige Siedlungen noch nicht bibliographisch und wohl auch literarisch erfaßt sind: man ist andererseits aber auch erstaunt, die geschichtliche Literatur beispielsweise über Zülpich mit 180, über Eukirchen mit 160 oder über kleinere Orte wie Kommern mit 38, Kreuzweingarten mit 18 Nummern vertreten zu sehen. – Aus der Praxis für die Praxis geschrieben, ist vor allem Wert auf Übersicht gelegt, daher ein dreifaches Autoren-, Quellen-, Orts- und Sachregister.

Die Kritik hat diese erstmalige und bis jetzt einzigartige Bibliographie eines ländlichen Kreises sehr freundlich aufgenommen. Natürlich wird der eine oder andere noch dieses oder jenes Werk vermissen, dafür ist ein Nachtrag vorgesehen, der auch alle Neuerscheinung ab 1. Januar 1938 zusammenfassen soll. Einer Anregung möchte ich mich voll und ganz anschließen, nämlich einer Einteilung nach Sachgebieten, entsprechend der in der rheinischen Bibliographie. Dann könnte der Inhalt, wie jetzt im Orts- und Sachregister eigentlich wiederholt geschah, in einem Ortsregister lokal geordnet werden und das sich mit dem Verzeichnis der ältern Sammelwerke vielfach deckende Quellenregister wohl in Wegfall kommen. Alles in allem genommen ist die Bibliographie des Kreises Euskirchen eine verdienstvolle Förderung der rheinischen Lokalgeschichte von beachtenswerter Eigenart; als Nachschlagewerk dem produktiv tätigen Wissenschaftler wie dem schlichten Leser, der sich über die vielleicht bedeutsame Vergangenheit seiner engeren Heimat ein eingehendes Bild verschaffen möchte, gleich unentbehrlich. Möchte sie dazu bestimmt sein, auch in andern rheinischen Kreisen Nachahmung zu finden!

Kreuz-Weingarten.

N. Reinartz.





Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, Heft 134, 1938, Seite 143-145.


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