Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de





Der Historische Verein für den Niederrhein

teilt seinen Mitgliedern mit, daß es noch nicht möglich sei, eine seiner für die Heimatforschung so bedeutsamen Versammlung abzuhalten, da die Mitglieder über das ganze Rheinland von Andernach bis Kleve zerstreut wohnen. Dagegen hat die Vereinsleitung unter dem derzeitigen, rührigen Vorstand, Reichsoberarchivrat Dr. Kisky, stärksten Wert darauf gelegt, die Verbindung mit den Mitgliedern durch die Fortführung seiner „Annalen“, dieser anerkannt hochwertigen Quelle und Sammlung rheinischer Heimatkunde, aufrecht zu erhalten. Das gleichzeitig überreichte Heft 139, das etwas verspätet als zweite Folge des Jahres 1941 erschienen ist, beweist, daß es gelungen ist, diese Zeitschrift innerlich und äußerlich in der gewohnten außerordentlich hochstehenden Weise auszugestalten. In diesem Hefte nimmt eine Arbeit von Nikola Reinartz, Kreuzweingarten, die für die Geschichte unserer engeren Heimat von großer Bedeutung ist, einen breiten Raum ein. Sie behandelt

die „Krummel von Nechtersheim“, ein Eifeler Rittergeschlecht

und ist das Ergebnis einer überaus eifrigen, ernsten und sachverständigen Forschertätigkeit des tiefschürfenden Kenners unserer Lokalgeschichte, der, wie im selben Heft an anderer Stelle von ihm gesagt wird, „den Lesern der Annalen aus anderen Arbeiten kein Unbekannter ist.“ Vier Jahrhunderte Eifeler Rittertums ziehen vorüber in dieser Darstellung der Geschichte eines Geschlechtes von der Art, die Johannes Becker in seiner „Geschichte der Pfarreien des Dekanates Blankenheim“ mit den Worten kennzeichnete: „Die zahlreichen kleinen Herren, welche die Eifelterritorien besaßen, taten nicht viel mehr als heiraten und erben, wobei es an größeren und kleineren Fehden nicht fehlte, die wiederum Verschuldung und Armut im Gefolge hatten.“ Im Allgemeinen trifft das auch auf die Krummel von Nechtersheim zu; einige aus der langen Reihe, die im 17. Jahrhundert durch Aussterben ihren Abschluß fand, haben es jedoch zu einer gewissen Bedeutung gebracht. Jedenfalls hat kaum ein anderes Rittergeschlecht so tief und so weit verbreitet in das Geschick unserer engeren Heimat eingegriffen wie dieses. Gerade diese Tatsache gibt der Reinartzschen Arbeit für unsere Gegend einen so großen historischen Wert.

Die Stammburg derer von Nechtersheim stand im heutigen Dorfe Nettersheim an der Bahnlinie Euskirchen–Trier, wo nach Wackenroder „Die Kulturdenkmäler des Kreises Schleiden“ noch um das Jahr 1870 die Reste einer Wasserburg im heutigen Garten des Pächters der preußischen Domäne Burg Nettersheim (Haus Nr. 53) standen. Sie waren umgeben von Wall und Graben, Gebäudefundamente liegen noch im Boden. Das Geschlecht ist nach Reinartz mit Sicherheit von Jünkerather Burgmännern abzuleiten, und zwar in direkter Abstammung von Richard von Jünkerath und dessen Sohn Johann von Leutherath, genannt von Jünkeraith, die zuerst in einer Urkunde vom 19. Juni 1355 erwähnt sind. Einzelne Nachkommen der Genannten haben es verstanden, ihrem Geschlechte eine für die damalige Zeit außerordentlich große Geltung zu geben. Die Nechtersheimer haben auch in der Geschichte unserer Vaterstadt Euskirchen mehrmals eine Rolle gespielt. Das gilt namentlich von Arnold von Nechtersheim, dem der Miterbe vom Lande Jülich Gerhard von Loen, Graf zu Blankenheim, im Jahre 1429 eine jährliche Rente von 20 Malter Roggen aus den Gefällen von Euskirchen anwies. 1448 verpfändete er ihm für ein Darlehen von tausend Gulden seinen Viertelanteil an Stadt und Amt Euskirchen und machte ihn daselbst zum Amtmann. Später brachte Arnold von Nechtersheim durch Tausch Burgvey und die dortige Mühle an sich. „Hier in Burgvey“, berichtet Reinartz, „über dem lieblichen Wiesentälchen gegenüber den romantischen Bergzinnen der Katzensteine, wo heute die weitschattende, vielhundertjährige Eiche, eine der mächtigsten im ganzen Rheinlande, und der zerbröckelnde Bergfried von alten Zeiten künden, hat der alte Eifeler Ritter und nunmehrige Amtmann von Euskirchen im Mittelpunkt seines kleinen Reiches, das er sich in nicht weniger als neun Ortschaften begründet hatte, die letzen Lebensjahre verbracht; hier ist er auch wohl am 2. September 1453 gestorben“. Das haben die Nechtersheimer verstanden: ihren Besitz zu vermehren. Peter, der älteste Sohn Arnolds, erwarb einen freien Hof und ein Gut zu Firmenich, Güter zu Weingarten bei Kommern und den halben freien Hof zu Zingsheim für 250 oberländische Gulden. (In der Kapelle zu Firmenich gibt heute noch eine Wappenscheibe von den dortigen Burgherren Krümmel von Nechtersheim Kunde. Ihre Inschrift lautet: „Conradus Georgius von Nechtersheim genandt Krummel und Anna Anges von Weis genandt Krummel, Herr und Frau zu Firmenich 1673.“) Johann von Nechtesheim, der nach dem Tode seines Bruders Peter dessen Güter erbte, verfügte über einen großen Reichtum, der ihn – nach Reinartz – „zu einer Art rheinischen Bankier seiner Zeit machte“. So stark fühlten diese Eifeler Ritter sich, daß sie den Reichsstädten Aachen und Köln Fehde ansagten. Später nahmen die Nechtersheimer den Beinamen Krummel d. h. Krummfuß an. Sie waren schließlich begütert oder bezogen Einkünfte in Blankenheim, Boulich, Burgvey, Enzen, Erp, Euskirchen, Firmenich, Harzheim, Iversheim, Keldenich, Lommersum, Metternich, Münstereifel, Nettersheim, Obergartzem, Oberwichterich, Pesch, Rißdorf, Schönau, Weyer und Zingsheim. Das Geschlecht ist in seiner Hauptlinie und allen Seitenlinen Ende des 17. Jahrhunderts ausgestorben.

Nikola Reinartz hat sich in die häufig sehr verwickelte Familiengeschichte der Nechtersheimer mit der Sorgfalt und Gründlichkeit hineingearbeitet, die wir an diesem verdienten Forscher schätzen. Nicht weniger als 172 Fußnoten erläutern und ergänzen seine flüssige Darstellung oder weisen auf die benutzten Quellen hin. Dabei wird dem Leser bewußt, mit welchem Fleiß und welcher Sachkunde der Verfasser vorgegangen ist. Jedenfalls hat er mit dieser Geschichte eines Eifeler Rittergeschlechtes einen schätzenswerten Beitrag zur Chronik unserer Heimat geleistet.

Heft 139 der Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein bringt im Abschnitt Literatur eine Reihe von Besprechungen, von denen einzelne unser besonderes Interesse in Anspruch nehmen. A. Stelzmann, Köln-Lindenthal, würdigte die in unserem Verlage erschienene Biographie des Abtes Johann Luckenrath (Lückerath) von Steinfeld aus der Feder von Nikola Reinartz in warmer Anerkennung des Wertes dieser kleinen Schrift. A. Schnütgen, Berlin, widmet dem auch von uns mehrmals behandelten und benutzen Werke von Karl Leopold Kaufmann: „Der Grenzkreis Malmedy in den ersten fünf Jahrzehnten der preußischen Verwaltung“ eine sehr eingehende und interessante, ihre besonderen Vorzüge hervorhebende Besprechung. Die gleiche Anerkennung zollt A. Verbeek, Köln (zur Zeit im Felde), dem u. a. von Dr. Heinrich Neu, Bonn, unserm sehr geschätzten Mitarbeiter, bearbeiteten Bande „Neuwied“ der „Kunstdenkmäler der Rheinprovinz“. Es freut uns, dort zu lesen: „Vor allem ist der Band, soweit es der mitunter spröde Stoff zuließ, durchweg ausgezeichnet geschrieben. Das gilt auch für die von H. Neu mit bewährter Umsicht verfaßten geschichtlichen Abschnitte und insbesondere die Einleitung, die über die vielfältigen Verflechtungen des Gebietes im Gang der Geschichte unterrichtet.“





Euskirchener Volksblatt, Nr. 85, 13.4.1942.


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