Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
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Dem Andenken eines verdienten Eifelsohnes
Johann Peter Fabricius + 24. Januar 1908

Heute vor dreißig Jahren starb in Dürscheven, wo er seit zwölf Jahren im Ruhestand lebte, der Privatgeistliche Johann Peter Fabricius im 90. Jahre. Mit ihm ist ein um seine Eifelheimat hochverdienter Mann dahingegangen, der um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts rastlos für das Wohl seiner geliebten Eifel gewirkt hat.

Geboren am 8. September 1818 zu Scheven, wurde Johann Peter Fabricius nach vollendetem Studium und mehrjähriger Vorbereitung im Jahre 1847 als Bürgermeister an die Spitze seiner Heimatbürgermeisterei Wallenthal-Scheven berufen. Es war in der Zeit der größten Not der Eifel, als die Eisenindustrie zum allmählichen Erliegen kam und die Verkehrsnöte sich in verhängnisvoller Weise auswirkten. Was der junge Bürgermeister damals für die Eifel gewirkt hat, ist mehr als hinreichend, um ihn unter die verdienstvollsten Eifelsöhne einzureihen. In dem Jahrhundertwerk „100 Jahre Kreis Schleiden 1829 bis 1929“ von Dr. Joseph Janssen wird von ihm gesagt, daß Fabricius seiner Zeit um hundert Jahre voraus war. Heute noch müssen wir über seine ideenreichen Pläne staunen. Auf allen Gebieten war er zu Hause. In Wort und Schrift machte er kühne und weitsichtige Reformvorschläge für Landwirtschaft, Industrie, Verwaltung und Bildung und veröffentlichte diese zum Teil in der Kölnischen Zeitung, auf diese Weise die breite Öffentlichkeit für die Not der Eifel interessierend.

Fabricius scheute sich nicht, seinen Landsleuten einen Spiegel vorzuhalten und sie eindringlich auf bestehende Mißstände hinzuweisen. So geißelte er das übertriebene Kirmesfeiern:

„Bei vielen Familien findet sich daher gewöhnlich bei Ziehung eines Kalküls nach beendigter Kirmes ein Defekt von 10-15 oder wohl gar 20 und mehr Taler vor. Falls dieser nicht durch vorgedachte Ersparnisse gedeckt wird, bleibt derselbe zur Tilgung beim Ladenhalter, Schneider, Schuster, Spezereihändler, Müller und Metzger stehen.“

Gegen die allzufrühen Heiraten wandte er sich mit folgenden Worten:

„Kaum haben die Söhne und Töchter der unteren Klassen die Kinderschuhe ausgezogen, als sie selbst eine Haushaltung anfangen ohne jedes Vermögen. Die Eltern werden der Stütze beraubt und verkommen in ihrem kleinen, bescheidenen Vermögensstand, die jungen Eheleute nähren sich vom Tagelohn, hausen so einige Jahre, bis die wachsende Kinderzahl so anwächst, daß der Arbeitsverdienst nicht mehr ausreicht, alle zu ernähren. Sie lassen den Mut sinken, geraten in Verzweiflung und fallen zuletzt insgesamt dem Bettelstab anheim.“

Die Freiheitsbewegung des Jahres 1848 verlief im Kreise Schleiden im allgemeinen ruhig, doch sprach Fabricius von einzelnen „irregeleiteten Mitbrüdern“, meist solchen, die in ihrer Vergangenheit schwere Verschuldungen auf sich geladen hatten, die sich auf Kosten anderer durch die Not der augenblicklichen Verworrenheit und Zügellosigkeit in Ämter und Stellen zu drängen suchten und einen langgenährten Haß und Groll augenblicklich ungestraft auslassen zu dürfen vermeinten. Er erließ damals einen Aufruf an die Bewohner des Kreises Schleiden:

„Einheit und Einigkeit ist unser gemeinschaftliches Losungswort. Sie macht uns stark, das vorgesetzte Ziel, die politischen, sozialen und religiösen Freiheiten der Bürger zu erreichen. Um aber wahrhaft einig zu sein, müssen wir die alte deutsche Treue und Brüderschaft in uns vorherrschen lassen. Vor allem müssen wir Person und Eigentum eines jeden als unverletzlich achten, einer für alle, alle für einen, im Falle der Not das Möglichste aufbieten, um die Sicherheit und Freiheit jedes Mitbürgers zu schützen. Lassen wir alle unedlen Leidenschaften ruhen und zeigen uns gegenseitig als neuerstandene Brüder. Jeder suche in seinem, wenn auch noch so engen Wirkungskreis die etwas gelockerten Freundschaftsbande zu befestigen. Stand und Umstände sollen hierbei keine Kluft rechtfertigen, da nur die Würde des Menschen als deutschen Mitbruders im Auge behalten werden darf. Darum möge man ohne Scheu alle veralteten Vorurteile ablegen und der Förderung echter Eintracht und Liebe jedes persönliche und materielle Opfer bringen.“

Fabricius verlangte dann Abhülfe der bestehenden Mängel, Herbeiführung besserer Erwerbsmöglichkeiten, Hebung der Landwirtschaft und Industrie, Verbesserung der Lage der arbeitenden Klasse, Forderungen, die durch die Vertreter der Nationalversammlungen in Frankfurt und Berlin vorzutragen wären. In einer großen programmatischen Abhandlung brachte er die Wünsche des Kreise Schleiden für die preußische Staatsversammlung vor. Er verlangte darin eine Verwaltungsvereinheitlichung in bezug auf die Kommunalverwaltung, eine gerechtere Berücksichtigung der Eifel inbezug auf Grund- und Klassensteuer, Schutz für die Eisen- und Bleiindustrie, Aufhebung der Hutgerechtigkeit für die Landwirtschaft und Abschaffung verschiedener anderer Servituten. Grundlegend Neues verlangte er für das ländliche Schulwesen, z. B. Fortbildungsschulen. Schließlich befaßte er sich in seiner Abhandlung mit dem Wegebau, der Bergwerksverwaltung und anderen kleinen Wünschen.

Als in den 48er Jahren das Projekt auftauchte, der Kreis Schleiden solle aus dem Regierungsbezirk Aachen ausscheiden und mit den Kreisen Prüm, Daun, Bitburg, Adenau Malmedy und Monschau ein sogenanntes „Eifeler Departement“ bilden, bekämpfte Fabricius diesen Plan mit guten Gründen. Er wurde vom Bürgerverein des Kreises Schleiden einstimmig abgelehnt.

Neun Jahre blieb Fabricius Bürgermeister von Wallenthal-Scheven. Da entschloß er sich Priester zu werden. Welche Gründe ihn zu diesem Entschlusse bewogen, ist uns nicht überliefert worden. Am 1. September 1857 empfing er 39jährig, die hl. Priesterweihe, und wurde schon 1859 Rendant und Ökonom des Kölner Priester-Seminars. In diesem Amte wirkte er 36 Jahre bis 1895. Dann zog er sich nach Dürscheven zurück, wo er als Privat-Geistlicher lebte und am 1. September 1907 sein goldenes Priester-Jubiläum feiern konnte. Am 24. Januar 1908 ist er dann sanft in ein besseres Jenseits hinübergegangen. Sein Andenken aus Anlaß seines 30jährigen Todestages zu ehren, ist für ein Eifel-Heimatblatt eine Pflicht der Dankbarkeit.





Euskirchener Volksblatt vom 24. Januar 1938


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